010: Auftragszwickmühlen in der systemischen Beratung
Shownotes
Die Methode des Auftragskarussells Die Methode des Auftragskarussells dient dazu, die unterschiedlichen Aufträge und Erwartungen, die verschiedene Auftraggeber an den Klienten haben, zu klären. Auftraggeber können hierbei Kollegen, Kunden, Familienmitglieder oder Freunde sein. Das Auftragskarussell zeigt, dass unklare, widersprüchliche oder unerfüllbare Aufträge Dissonanzen und Blockaden erzeugen, die die Energie und Handlungsfähigkeit des Klienten mindern.
Wie funktioniert ein Auftragskarussell in der Praxis?
Die unterschiedlichen Aufträge werden visuell dargestellt: Jeder Auftrag wird auf ein Blatt Papier geschrieben und in einem Kreis um den Protagonisten angeordnet. Die anwesenden Gruppenmitglieder oder der Berater sprechen die einzelnen Aufträge der Reihe nach aus, was den Eindruck eines Karussells vermittelt.
Wenn die Aufträge wie ein Karussell im Kreis bewegt werden, ist es wichtig zu beachten, welche Aufträge beim Protagonisten Unstimmigkeiten oder Hindernisse hervorrufen. Diese Aufträge werden dann unter Anleitung entweder verhandelt, zurückgewiesen oder für eine spätere Bearbeitung vorgesehen.
Der Ablauf der Methode
Identifikation der Auftraggeber: Der Berater erfragt nach und nach die relevanten Auftraggeber und notiert jeden auf einem Blatt Papier. Der Protagonist formuliert den entsprechenden Auftrag für jeden Auftraggeber, wobei darauf geachtet wird, dass der Auftrag eine klare Erwartung enthält. Der Berater, die Beraterin kann auch nach weiteren relevanten Auftraggebern fragen.
Platzierung der Aufträge: Der Protagonist sitzt in der Mitte, und die Aufträge werden um ihn herum angeordnet.
Vorlesen der Aufträge: In einer Gruppen-Setting liest jedes Mitglied nacheinander einen Auftrag vor. Der Berater ermutigt den Protagonisten, darauf zu achten, bei welchen Aufträgen er Unstimmigkeiten verspürt. Nach einer angemessenen Zeit bringt der Berater das Karussell zum Stillstand.
Einzelne Bearbeitung: Falls keine Gruppe vorhanden ist, übernimmt der Berater das Vorlesen und bewegt sich um den Protagonisten.
Besprechung der Irritationen: Unter Anleitung des Beraters nennt der Protagonist den Auftrag, der die meisten Irritationen verursacht hat. Es wird diskutiert, was benötigt wird, um den Auftrag stimmiger zu gestalten, oder ob er zurückgewiesen werden sollte.
Rollenwechsel: Der Protagonist äußert konkret, was er als unstimmig empfindet. Ein Gruppenmitglied, das den entsprechenden Auftrag vorgelesen hat, kann in die Rolle des Auftraggebers schlüpfen. Bei fehlender Gruppe kann ein Anker, wie z.B. ein Stuhl, verwendet werden.
Auftragsformulierung: Der Protagonist formuliert den Auftrag um oder weist ihn zurück. Der Auftraggeber spricht den veränderten Auftrag aus, und der Protagonist lässt dies auf sich wirken.
Fortführung: Der Protagonist kehrt in den Kreis zurück und benennt mit Unterstützung des Beraters den nächsten Auftrag, der zu Irritationen geführt hat.
Abschlussgespräch: Es folgt ein kurzes Gespräch über die gemachten Erfahrungen und die veränderte Haltung des Protagonisten.
Die Psyche und soziale Systeme
Niklas Luhmann war ein deutscher Soziologe, der die Systemtheorie entscheidend geprägt hat. Sein Ansatz besagt, dass soziale Systeme (wie Organisationen) aus Kommunikationen bestehen und die individuelle Psyche lediglich eine Umwelt dieser Systeme darstellt. Dies bedeutet, dass das Verhalten und die Interaktionen von Individuen innerhalb einer Organisation nicht isoliert betrachtet werden können, sondern immer im Kontext des gesamten sozialen Systems zu verstehen sind.
Soziale Systeme: Luhmann definiert soziale Systeme als Netzwerke von Kommunikationen, die sich selbst reproduzieren. Sie existieren unabhängig von den Individuen, die sie bilden. Individuen sind Teil des Systems, aber das System selbst hat eigene Eigenschaften und Dynamiken.
Psyche als Umwelt: Die menschliche Psyche wird als eine Art von Umwelt für soziale Systeme betrachtet. Das bedeutet, dass die individuellen Erfahrungen, Gedanken und Emotionen der Mitglieder eines Systems nicht die primäre Basis für das Funktionieren des Systems sind, sondern dass die Kommunikationen innerhalb des Systems entscheidend sind.
Selbstreferentialität: Soziale Systeme sind selbstreferenziell, d.h., sie beziehen sich auf sich selbst und entwickeln eigene Regeln, Normen und Strukturen. Die Psyche spielt eine Rolle, aber sie beeinflusst das System nicht direkt, sondern über die Kommunikation der Individuen.
Die Auswirkungen dieser Überlegungen auf die Organisationsentwicklung und Beratung
Fokus auf Kommunikation: In der Organisationsentwicklung sollte der Fokus verstärkt auf den Kommunikationsprozessen innerhalb des Systems gelegt werden. Berater müssen die Kommunikationsstrukturen, -muster und -inhalte analysieren, um das System besser zu verstehen.
Systemische Sichtweise: Veränderungen sollten nicht nur auf individueller Ebene angestoßen werden, sondern auch auf der Ebene des gesamten Systems. Einzelne Schulungen oder Workshops könnten weniger wirksam sein, wenn sie nicht in die Kommunikationsdynamik des Systems eingebettet sind.
Wechselwirkungen verstehen: Berater sollten die Wechselwirkungen zwischen individueller Psyche und sozialen Systemen betrachten. Es ist wichtig zu verstehen, wie individuelle Einstellungen und Verhalten durch die Kommunikationskultur und -struktur der Organisation beeinflusst werden.
Interventionen gestalten: Interventionen sollten darauf abzielen, die Kommunikationsstrukturen zu verändern oder zu stärken. Beispielsweise könnten neue Kommunikationskanäle etabliert oder bestehende hierarchische Strukturen hinterfragt werden, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern.
Insgesamt fordert der Ansatz von Niklas Luhmann eine tiefere und differenzierte Betrachtung von Organisationen und deren Dynamiken. Die menschliche Psyche ist in diesen Überelgungen natürlich wichtig, aber sie ist nur ein Teil des komplexen Gefüges, das ein soziales System ausmacht.
Das SCARF-Modell
Das SCARF-Modell wurde von David Rock entwickelt und beschreibt fünf Bedürfnisse, die das menschliche Verhalten in sozialen Situationen beeinflussen. SCARF steht für:
- Status: Das Bedürfnis, sich in sozialen Hierarchien als wertvoll zu fühlen.
- Certainty (Sicherheit): Das Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit und Kontrolle über die eigene Umwelt.
- Autonomy (Autonomie): Das Bedürfnis, Entscheidungen selbst treffen zu können.
- Relatedness (Verbundenheit): Das Bedürfnis nach sozialen Verbindungen und Akzeptanz.
- Fairness: Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Gleichbehandlung.
Internet-Links
Hier sind einige nützliche Links, die weitere Informationen zum SCARF-Modell bieten:
- David Rock's Website - Informationen über das SCARF-Modell und seine Anwendung.
- NeuroLeadership Institute - Detaillierte Erklärungen und Ressourcen zu SCARF.
- MindTools Artikel über das SCARF-Modell - Überblick über das Modell mit praktischen Anwendungen.
- Wikipedia-Artikel über das SCARF-Modell - Grundlegende Informationen und Hintergrund.
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Mehr zu unserer Coachingweiterbildung findest Du unter: https://www.sys-po.de/coaching-ausbildung/systemische-coachingausbildung/
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